Das mit grosser Hingabe vorbereitete Seminar von Eliane entwickelte sich in den drei Tagen zu einem vollen Erfolg. Vieles hat dazu beigetragen:
Im schön eingerichteten Unterrichtsraum fühlten wir uns alle sofort sehr wohl und willkommen. Chabana-Gestecke von Eliane begrüssten uns. Jeder Arbeitsplatz war geschmückt mit einem Papierkranich, einem Schoggiherzli und den schriftlichen Unterlagen. Die Dokumente führten uns ein in die Kulturgeschichte von Chabana, Shohinka, realistische Landschaft und in die Aesthetik von Sabi und Wabi. Am Freitagabend haben wir diese noch abwechslunsgweise zusammen laut gelesen.
Die Architektur des Hauses war für uns einzigartig. Jedes Zimmer mit Ausgang in den Garten. Unser gesammeltes Material konnten wir an der frischen Luft aufbewahren und mussten den Unterrichtssaal nicht überfüllen.
Die Landschaft des Berner Jura mit seinen grünen Weiden, den vielen Hecken und den lockeren Kiefernplätzen ist eine wahre Schatzkammer für Ikebanabegeisterte.
Der Ortsplan mit den fünf eingezeichneten Rundgängen erleichterte uns das Suchen von Zweigen, Gräsern, Moos und Blumen.
Für das Schneiden des Materials hatten wir genügend Zeit Wir konnten ohne Stress genau hinschauen und das bei trockenem Wetter. Vor und nachher wechselten sich nämlich Platzregen, Gewitter und Sonnenschein ab.
Am Nachmittag versuchten wir ganz im Sinne von Teemeister und Zen-Mönch Sen-no Rikyu mit sehr wenig Material, wie natürlichen Blumen, Gräsern und mit einem allenfalls kleinen formschönen Ast ein Chabana zu gestalten. In meditativer Stille entstanden einfache aber geschmackvolle Gestecke. Allmählich spürten wir, dass eine Blumenkomposition für den Teeraum viel Feingefühl braucht.
Zum Weiterüben hat uns Eliane eine Bambusvase geschenkt, die sie speziell in Süd-Kalifornien für uns anfertigte. In dieser schlichten Gefässform mit seiner rauen Oberfläche kam der Zauber der einfachen Dinge und die Schönheit der vergänglichen Blumen voll zur Geltung. Für mich zeigte sich hier Sabi-Wabi.
Nach einem bekömmlichen Nachtessen folgte das Abendprogramm. Eliane zeigte uns den Film von David Attenborough, „Die Laubvögel“ aus Neu Guinea und Nord-Australien. Es war beeindruckend, ihren unermüdlichen Einsatz für den Nestbau während der Balzzeit zu beobachten. David Attenborough ist ein weltbekannter Naturalist und Wissenschaftler. Er hat in der ganzen Welt während mehr als vierzig Jahren Filme gedreht, viele für BBC.
Zum Ausklang des Abends sang uns der Männerchor von Grenchen, der zufällig im Haus logierte, einige Lieder, zum Auftakt „La Montanara“. Am Sonntag zeigten wir dem Chor unsere Arrangements. Der kulturelle Austausch untern den Hausgästen hat bestens geklappt.
Die Landschaftslektion vom Sonntagmorgen stand unter einem besonderen Stern. Die Kursteilnehmer durften je ein Heiku ziehen und versuchten dann dessen Inhalt in unserer Landschaft auszudrücken. Es war eine echte Herausforderung; vorerst bei der Materialsuche und dann erst recht beim Arrangieren. Eliane unterstützte, korrigierte und mahnte: „Ihr müsst nicht die Natur wiedergeben, ihr müsst reduzieren.“ Trotz allem beflügelte uns das Gedicht, die beschriebene Schönheit des Landschaftsausschnittes hervorzuheben.
Mit der dritten Lektion rundeten wir das Seminar ab. Mit dem Shohinka näherten wir uns wieder dem Chabana an, allerdings in viel grössern Vasen. Wenig Material ist auch hier richtig aber auserlesen muss es sein. Stark reduzieren, ganz sauber arbeiten und viel Naturliebe sind Voraussetzungen, damit dieses einfache aber elegante Arrangement gelingt. Die Mutigen unter uns kombinierten mit ganz ungewohnten Materialien, was sehr bereichernd war. Am Schluss hatte jedes korrigierte Shohinka eine Qualität, die uns freute.
Eliane begleitete uns mit viel Erfahrung und grossem Können durchs Seminar. Es waren zweckfreie Tage, voll geistiger Schöpferkraft und Selbsterfahrung. Allen, die mitgeholfen haben und ganz besonders Dir Eliane ein herzliches Dankeschön.
Bei sommerlichen 27 Grad sind wir am Freitag in den Berner Jura gefahren und sonntags bei kühlen 12 Grad nach dem gemeinsamen Tee zufrieden und glücklich heimgereist.
Text: Erika Schmid-Meyer / Fotos: Theres Marty